Strom – now!

Das Einbauen der Wasseruhr erweist sich als Kinderspiel – weil ich es selbst nicht machen muss. Ulf von der Parzelle 8 ist der Wasserwart und der krabbelt ganz tief in die schneckenverseuchte Wasseruhrengrube, schraubt und verplombt und Schluss.

Weniger Kinderspiel als Knochenjob ist die Geschichte mit dem Strom. Unser Vorpächter hat einen Schuppen hinter der Hütte abgerissen, das Kabel über eine Astgabel gelegt, den Stromzähler auf einen Stuhl gestellt und einen Papiersack drüber, damit der gute Strom nicht verdampft. Wir müssen das jetzt irgendwie unter die Erde und in die Laube kriegen. Der flugs herbeizitierte Elektriker sagt: „Graben graben! Zwei Spaten tief, einen breit.“ Also grabe ich. Mit bloßen Händen reiße ich armdicke Wurzeln ab und schlage mit Vorschlaghämmern Betonplatten zu Klump. Pöschels von nebenan geizen nicht mit hilfreichen Kommentaren („Als wir hier mal gegraben haben, haben wir eine Handgranate gefunden. Hier wurde nämlich noch gekämpft im zweiten Weltkrieg.“) Na super. Meine nächsten Spatenstiche sind weniger forsch.  

Der Elektriker – natürlich kommt der Meister selbst, er wäre auch ein Idiot sich locker verdiente Kohle an freier Luft entgehen zu lassen – vertrödelt mit bewundernswerter Lässigkeit meine Zeit und Geld. Mit der Gelassenheit eines Minenspezialisten entschärft er den alten Stromkasten, der wahrlich schon bessere und vor allem viele Tage gesehen hat. Was er stattdessen reinschraubt, das würde als Umspannstation für den ganzen Bezirk reichen. Aber auch hier ist die Devise: „Think big“. Denn vielleicht will man ja wirklich eine Nasszelle einbauen, wofür man dann einen Fi-Schalter einbauen könnte. Oder man kauft sich doch endlich den Teilchenbeschleuniger, mit dem man schon so lange liebäugelt und macht dem CERN in Genf Konkurrenz. All das auf 24-Quadratmetern.

Natürlich spricht sich das Stromwunder in Windeseile in der Kolonie herum. Nachbar Doppler von Parzelle 14 freut sich wie ein Kind, dass er das Teil besichtigen darf. Egon kommt mit einer Flasche Bier vorbei, die wir gemeinsam gegen den neuen Kasten schmeißen und ihn damit „GRÖSAZ“ (Größter Stromkasten aller Zeiten“) taufen. Rita von der Parzelle 10 kann ich nur mit Mühe davon abbringen, die Neuigkeit, dass Parzelle 15 endlich wieder Strom hat, in den Aushang zu bringen. Es wissen doch schon eh alle. Nur Pöschels wollen ums Verrecken nicht rüberkommen. Stattdessen betrachten sie den Bohei vor unserer Hütte mit Skepsis und deuten mit stummen Gesten gen Farn. Ich versinke vor Scham.

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