Zucchini also. Das kannte man ja bis in die frühen 80er-Jahre überhaupt nicht. Aber plötzlich war es da, dieses Gemüse, bei dem man nicht so recht wusste, was tun damit. Frittieren? Nicht schlecht. Braten? Auch in Ordnung. Kochen? Geht auch. Damit backen? Nur in höchster Not.
Die war jedoch damals an der Tagesordnung. Denn Muttern erntete natürlich nicht keine 2o Zentimeter-Früchte. Damals wurde die Erntereife noch in Metern gemessen. Oder besser noch: in Kilos. Riesenzucchini belagerten die Beete wie Zeppeline. Diese unförmigen Biomasse-Klumpen wollten schließlich auch verarbeitet werden. Also gab es Gedünstetes, Gebratenes, Gesottenes, Zucchini-Milkshakes und Zucchini-Mousse zum Nachtisch. So lange, bis wir Kinder streikten. Dann verlegte sich die Mutter auf gemeinere Arten, uns diese hypertrophen Kolben unterzujubeln: Kleingeraspelt bis zur Unkenntlichkeit, wurden sie in Backwaren aller Art eingeschmuggelt. Irgendwann wurde Vater stutzig, was denn diese grünen Dinger im Rührkuchen waren. Das war ein Urvertrauensverlust in Mutters Backkunst, von dem er sich bis heute nicht erholt hat.
Wir dagegen verzweifeln jedes Jahr aufs Neue, wenn sich bei jungen Zucchini-Pflanzen zuerst nur männliche, langstielige Blüten bilden und die weiblichen Fruchtansätze ausbleiben. Erfahrungsgemäß kommen letztere immer etwas später. Verzweifelte Internet-Foren-Besucher verleitet das schon mal zu homophoben Annahmen:
„Ich habe das Gefühl mein Zucchini geht mit der Zeit und ist schwul!“
mutmaßt hunne36 im Forum des Magazins „Mein schöner Garten“. Liebe(r) hunne36, möchte man an dieser Stelle sagen, Homosexualität ist im Pflanzenreich nicht allzu weit verbreitet. Deine Zucchini ist so hetenmäßig drauf wie nur irgendwas. Und sei versichert: Gäbe es irgendetwas, das dieses hemmungslose Zucchini-Wachstum auch nur ein Jota einschränken könnte – wir hätten es schon in den 80-ern gefunden!