Provisorien sind verlogene, kleine Bastarde. Sie tun so, als würden sie nur kurz auf einen Kaffee vorbeikommen. Meist kleben sie aber schon wenige Stunden später ihren Namen an den Briefkasten, deponieren Rasierzeug im Badezimmerschrank und kaum versieht man es sich, haben sie sich schon ein Zimmer eingerichtet, selbiges in hässlicher Schwammtechnik gestrichen und sind mit der Bohrmaschine zugange, um Regale anzubringen für die Bücher, die ein schwerbeladener eben die Straße einbiegender Umzugslaster ankarrt.
Dass auch im Schrebergarten ein Provisorium meist mitnichten eine für einen vorübergehenden Zweck eingerichtete Sache ist, deren zeitliche Beschränkung von vorneherein festgelegt ist (Definition Wikipedia), ist eine allgemein anerkannte Binse.
Mein Lieblingsprovisorium hat sich bereits hier vor gut drei Jahren mit großem Tschingderassabum angekündigt. Eine marode Dachrinne! Welch Tölpel sollte die auch reparieren wollen, wenn doch das Wasser doch immer irgendwie seinen Weg in den Regenauffangbehälter fand – bis dieses Jahr die große Trockenperiode im Frühling zuschlug und das provisorische Ende des Provisoriums-Elends einläutete: Mittels eines Latexhandschuhs und etwas Bindedraht wurde die lecke Stelle einerseits abgedichtet und andererseits der Wasserfluss durch einer waagrechtere (nicht waagrechte) Ausrichtung der Regenrinne minimal verbessert.
Die Latexhandschuhe bilden aber, sobald das Wasser kommt, ihrer Finger wegen kleine unschöne euterartige Gebilde. Außerdem sind sie von minderer Qualität und zerbröseln im Sonnenlicht binnen weniger Stunden. Deshalb müssen sie mehrmals die Woche ausgetauscht werden. Dafür muss ich erstmal in den Supermarkt, weil die Latexhandschuhe schon wieder aus sind, dann die Abwesenheit unserer Nachbarn abpassen, in deren Parzelle einsteigen um an die Rinne überhaupt ranzukommen, eine Trittleiter auf sehr weichem Boden so platzieren, dass sie nicht versinkt, kunstvoll einen neuen Latexhandschuh um die Bruchstelle drapieren, das verhunzte Nachbarsbeet nach Abzug der Leiter wieder herrichten und danach meine Spuren verwischen. Abschließend ist es nötig, niederzuknien und mehrere Stunden um einen dichten Wolkenteppich zu beten, damit die Latexhandschuhe nicht wieder so schnell von der UV-Strahlung zerbröselt werden.
Ich könnte natürlich auch die Dachrinne reparieren. Aber ich bin doch nicht blöd.