The Wall (∞)

„It’s done!“ Das raunten sich ja die Mitglieder der Sopranos immer zu, wenn sie wieder mal einen unliebsamen Geschäftspartner oder Mit-Mafiosi um die Ecke gebracht haben. Im Zusammenhang mit einem Schrebergarten trifft dieser Satz ja rein nie nicht zu. Never. Ever. Kaum ist etwas gemacht – wie hier die (Fast-)Vollendung des neuen Hüttenanstrichs – bröselt und bröckelt es an allen Ecken und Ende schon wieder vor sich hin. Alles zerfällt, löst sich auf, schimmelt, modert, verrottet. Als Laubenbesitzer weiß man um die Endlichkeit allen Seins. Man ahnt, wie sich die Restauratoren des Kölner Doms fühlen müssen. Nur dass man eben meist allein ist. Und die Restauratoren haben Restauratoren-Kollegen, Restauratioren-Azubis und Restauratoren-Chefs. Ich nicht. Ich habe einen sechsjährigen Sohn, der mir nicht mal hilft, die Schrauben zu sortieren, wenn die Schrauben-Box (bei der natürlich die Verschlussbügel längst aufgehört haben zu funktionieren) wieder mal runtergefallen ist.

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The Wall (V)

Man fasst es nicht. Eben erneuter Anruf von Holz Possling. Musste mich geschlagene zehn Minuten beschimpfen lassen, weshalb ich die Farbe nicht abgeholt hätte (die Farbe, die ich dort gar nicht bestellt hatte, weil ich die Auftragsbestätigung nie erhalten, selbige nichterhaltene Auftragsbestätigung selbstredend auch nicht unterschrieben und schon gleich gar nicht zurückgeschickt hatte, aber dazu mehr hier und hier). Dann einfach so mir nichts dir nichts einen anderen Anbieter zu suchen, das grenze ja eigentlich an eine Frechheit. Vermutlich habe ICH hier das Wesen der freien Marktwirtschaft nicht ganz durchstiegen.
Oder aber dieser „Berliner Holz- und Baustoffhändler mit ausgeprägtem Baumarktprogramm” hat nicht verstanden, dass – anders als etwa bei einer Domina – der Weg zur Befriedigung der Klientel nicht darin besteht, Kunden zu erniedrigen, schlecht zu behandeln und sie (verbal) zu geißeln.

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Die Rettich-Rippe

Im Garten und im Garten-Blog geht es manchmal so zu wie in nordenglischen Eisenwarenläden: „Jede Menge harte Objekte aus kompromisslosen Metallen. Jede Menge ganz große Sachen mit Gashebeln und auswechselbaren Klingen“ (wie Simon Armitage dieses Welt-Segment beschreibt). Jede Menge technische Fragen, Knauf-Ständerwände, Terrassenkonstruktionen und Imprägnierungen, außerdem Schleifen, Schaben, Kratzen, Fluchen. Dabei gerät, wie soll man sagen, die weibliche Seite des Gartens völlig aus dem Blick: zarte Blüten, weiche Rundungen, die andere Seite der Erotik eben, die ich nach einer Phase der technischen Machbarkeits-Kontemplation (Terrassenverpflanzung in Freiburg, Farbenbeschaffung in Berlin) auf einem Garten- und Erntespaziergang mal wieder aufstöbern wollte. Worauf bin ich gestoßen?

Auf Rettiche. An einem der vielen war der Kontrast zu den besagten harten eckigen Objekten leicht auszumachen. Gleich habe ich meine auswechselbare Klinge aus der Tasche genommen und ihn ein wenig zurechtgemacht. Ich wollte seine menschliche Seite noch etwas präziser herausarbeiten. Das parsley field wirkt zwar immer noch ein wenig verrutscht. Die Hautfarbe stimmt auch noch nicht ganz. Aber unter der Form kann man sich bereits etwas vorstellen. Der Rettich, eine Rippe?

Simon Armitage im Original: “Lots of stern objects made from uncompromising metals. Lots of ‘big ticket’ items with throttles and interchangeable blades.” (In: Seeing Stars. London: Faber & Faber 2010, S. 55.)

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The Wall (IV)

Eben jovialer Anruf von Holz Possling: „Herr Brenner, wir haben hier zweieinhalb Liter Moco-Holzfarbe im Regal stehen, die könnten Sie abholen!“. Wie das jetzt? Nachdem ich da vergebens rausgefahren bin zu denen, mich danach am Telefon zusammenstauchen lassen musste, war ja der Vorschlag zur Güte gefallen, man könne mir eine Auftragsbestätigung auch zumailen, die sollte ich dann nach Erhalt unterschrieben zurückschicken und dann die Ware nach Eingang in Biesdorf-Mahlsdorf abholen.
Daraufhin meine Kontaktdaten in Windeseile durchgemailt – und keine Antwort erhalten. Keine Mail. Kein Anruf. Nichts. Knapp zwei Wochen lang. Und dann dieses Telefonat. Man fasst es nicht.

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The Wall (III)

Mail an Moco geschrieben mit der Frage nach neuem Vertriebspartner. Antwort zurückbekommen. Ich solle mich bei der Röhnert Holzhandelsgesellschaft mbH in Marienfelde melden. Dort angerufen. Herrn Wikarski am Telefon gehabt. Ihm in 30 Sekunden erzählt, was ich brauche. Keine halbe Stunde später habe ich eine Auftragsbestätigung im Postfach mit der Bitte um Überweisung. Schlappe vier Tage später bekomme ich mit der Post vier Dosen Farbe geschickt. Herr Wikarski ist mein Held! Und warum war das so einfach?

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The Wall (II)

Es geht weiter – aber nicht so richtig. Das größte Problem ist diesmal nicht die Wand, sondern die Farbe. Die spezielle nämlich, die ich ausgesucht und auch schon auf einer Seite der Laube verwendet habe, ist schwerer zu finden als der heilige Gral, Atlantis und das letzte Einhorn zusammen. Die Herstellerfirma Moco verweist mich an eine Westberliner Firma für Schreinereibedarf. Die zucken erstmal fernmündlich mit den Schultern, verbinden mich mit ihrer Lackzentrale, wo ebenso ausgiebig mit den Schultern wird und sie sagen: „Ham wa nüscht.“

Die freundliche Dame von Moco stellt mich darauf hin vor die Alternative nach Mariendorf oder Biesdorf/Mahlsdorf zu fahren, dort gebe es auch einen Händler. Ich entscheide mich für Biesdorf/Mahlsdorf, rufe bei Holz Possling an, einem „Berliner Holz- und Baustoffhändler mit ausgeprägtem Baumarktprogramm“. Dort hat man ein offenes Ohr und bietet mir an, dass ich dort hinkommen und die Bestellung vor Ort tätigen solle, worauf die Ware an meine Privatadresse geschickt würde.

Ich fahre dorthin, in Treu und Glauben, dort wüsste jemand, wie solche Dinge laufen. Natürlich tut das keiner. Der Mann an der Lack- und Lasuren-Theke schaut meine mitgebrachte Dose an wie die Höhlenmenschen in „2001“ den schwarzen Monolithen. „Also ich bin ja ooch schon ne Weile hier, aber so wat hab ick noch nüscht jesehn.“ Na super. Ich habe angerufen, sage ich. Man hätte mir gesagt, sie könnten das bestellen. Er tätigt einen Anruf. „Moco, kennste ditte? Lignucolor? Nordisch Rot?“ Offensichtlich nicht. Er fängt an, im Internet zu suchen. Ich sage ihm, das habe keinen Wert, das hätte ich schon getan. Er sucht weiter, klickt sich durch das komplette Internet, wirft ab und an einen Blick auf die leere Farbdose, schaut die Gänge entlang, ob jemand kommt, der ihm helfen kann. „Ham se noch wat zu erledijen hier?“, fragt er. Habe ich nicht. Nach fünf Minuten kommt eine Frau, die ihren Jussi Adler-Olsen-Krimi auf die Theke legt und keinen Hehl draus macht, dass sie lieber weiterlesen würde, statt sich hier mit Leuten rumzuschlagen, die eine ganz spezielle Farbe wollten. „Holzfarbe ham wa“, sagt sie. Ich: „Aber diese nicht?“. Hat sie nicht. Auch diesen Ton eines anderen Herstellers nicht. Ich hätte ja schon eine Seite gestrichen sage ich, das würde ja doof aussehen. „Moco?“, fragt sie. „Moco“, sage ich. „Ham wa nüscht“, beendet sie die Konversation. Romane von Jussi Adler-Olsen sind für gewöhnlich eher lang. Hatte ich erwähnt, dass Holz Possling mit seinem freundlichen Service wirbt?

Wieder zu Hause rufe ich nochmal meinen Erstkontakt bei dem freundlichen Holzhändler an, dessen Nummer und Namen ich natürlich nicht mit bei hatte. Der staucht mich erstmal zusammen. Er habe doch ausdrücklich gesagt, dass er die Papiere für die Bestellung am Kundenservice abgelegt hätte.

Von der netten Moco-Frau versuche ich jetzt den Holzhändler in Mariendorf in Erfahrung zu kriegen.

Gar nicht so einfach, eine Wand zu streichen.

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The Wall

Man sieht es diesem erbärmlichen Stück Wand nicht an, wieviele Arbeitsstunden des Schleifens, Schabens, Kratzens, Fluchens es verschlungen hat. Welch tiefste Verzweiflung diese paar Quadratmeter hervorgerufen haben, aber auch welches Glück nach Vollendung der Tat. Der Vorpächter nämlich hatte es sich zur Aufgabe gemacht, mit gummiartigen Gel-Lasuren zu experimentieren. Diese äußerst großzügig und in altmeisterlicher Art Schicht um Schicht aufzutragen, bis die Wand nach Jahren der Witterungseinwirkung sich stellenweise schuppte wie ein Durchschnitts-Teutone nach den ersten drei unvorsichtigen Tagen an südlichen Stränden, andernorts aber zu zähen Farbnasen verklumpte, die nur durch großzügigsten Einsatz allergröbsten Schleifpapiers zu entfernen waren. Nachbar Puschel von der Parzelle 16 geizte nicht mit klugen Ratschlägen: „Ich würde mir die Mühe nicht machen. Einfach mit der Drahtbürste grob drüber und dann streichen.“ Ja, doch, denke ich. Sprich du nur klug. Freunde hingegen sagetn: „Such dir einen Polen, der das für dich macht.“ Ich aber sage: „Der Pole kann mir gestohlen bleiben. Der schaut jetzt eh einen Monat lang Fußball.“ Und ich mache es selbst. Es sind ja nur noch 28 Quadratmeter. Vier habe ich schon. Mit der Fertigstellung rechne ich zur Abiturfeier meiner Tochter. In zwei Monaten wird sie eingeschult.

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Armes Deutschland

Die große Armut hierzulande hat die amerikanischen Freunde von Ute (Parzelle 20) während deren Deutschlandrundreise per Bahn dann doch entsetzt. Hat die ganze Aufbauhilfe der USA nach dem Krieg etwa nichts gebracht? Waren alle Anstrengungen vergebens, das Elend etwas zu mildern? Überall würden nämlich diese ärmlichen Buden entlang der Bahngleise stehen. Wellblechhütten. Schuppen. Quasi Favelas. Mehr oder weniger Slums. Davor jämmerliche Beete für ausgemergelte Jammerlappen, die beschmutzt und nur notdürftig mit Textilien ausgestattet über offenen Feuern kauern. Steinzeitliche Zustände also, wohin das US-Auge auch blickte.

Ute musste aufklären. Schrebergärten seien dies. Keine Armutsbehausungen. Großes Aufatmen auf allen Seiten. Amerikanisches Steuergeld also doch nicht verschwendet.

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Ein Nachruf

Wir trauern um Michaela Maus. Gestorben in der Nacht zum 12. April durch Einwirkung roher Gewalt eines winkelförmig gebogenen Drahtes, der mit großer Kraft auf sie herabschnellte, weil sie von Gier auf ein Stück Wiener Würstchen getrieben die so einfache wie tödliche Schnappmechanik einer handelsüblichen Falle ignoriert hatte. Sie führte ein erfülltes Leben in dessen Verlauf sie

– eine Solardusche verzehrte
– ein Kinderplanschbecken perforierte
– Köttelchen an an alle möglichen und unmöglichen Orten ablegte
– einen Satz Ikea-Trinkstrohhalme zerschredderte
– ein halbes Dutzend Kondensmilch-Plastikdöschen vertilgte
– großflächig den Wohnraum verkotete
– Nester in der Schublade der Werkbank und im Kinderwagen baute
– eine Tube Kinderzahnpasta (Geschmacksrichtung: Himbeer) verschlang
– mehrere Pullis, Socken und T-Shirts duchlöcherte und
– verdammt nochmal jeden freien Zentimeter Wohnraum vollkackte.

Beigesetzt wurde sie aus Gründen der Rücksicht auf zerbrechliche Kinderseelen heimlich still und ziemlich tief unter einem Apfelbaum (Ananas-Renette) und nicht etwa als Futter für Raubvögel weithin sichtbar auf dem Kompost ausgelegt, wie das Nachbar P. von Parzelle 14 gerne macht.

Möge sie in Frieden ruhen und zu Lebzeiten unter Unfruchtbarkeit gelitten haben.

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Martin feiert

Große Geburtstagsfeier im Nachbargarten. Thea hat aus Tonpapier ein Herz ausgeschnitten und ein Lebkuchensprüchlein draufgeschrieben. Günter hat einen Luftballon mitgebracht. Jetzt sitzt er am Tischende und schlägt mit einer Tortenschaufel gegen sein Glas. Seine Rede hat er allerdings zu Hause vergessen. Martin lässt sich nicht aus der Ruhe bringen („Solange der SC gewinnt, ist mir heute alles scheißegal.“) und verteilt an seine Gäste kleine Gärtner-Aufgaben. „Am besten hackt es sich auf den Knien“, sagt er zu Günter. Als ein paar jüngere Gäste die Festivität durch ein Mini-Symposion zu Martins Lieblingswort „gamba“ (bodensee-badisch, eigentlich unübersetzbar, ungefähr schaukeln, schwanken) zu bereichern versuchen, jagt sie Martin von der Parzelle. „So ein Unfug“, sagt er, als plötzlich über den Sternwald herüber lauter Jubel dröhnt.

 

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